27.11.2017
Das Bundesteilhabegesetz BTHG stellt das Land und alle Akteure im Bereich der Hilfen für Menschen mit Beeinträchtigungen vor große Herausforderungen. Nach fast einem Jahr nach Inkrafttreten möchte der Paritätische Sachsen-Anhalt seinen Blick auf den Umsetzungsstand in unserem Bundesland richten. Wohin rollt der Zug? Und an welchem Fahrplan orientieren wir uns?
Das Bundesteilhabegesetz ist zum 1. Januar 2017 Inkraft getreten und wird in vier Reformschritten umgesetzt. Bereits in diesem Jahr 2017 (Reformschritt 1) soll die Entwicklung von Verfahren und Instrumenten auf den Weg gebracht werden, um diese ab 1. Januar 2018 (Reformschritt 2) zur Anwendung zu bringen bzw. Schritt für Schritt einzuführen. Die 2017 anstehenden Themen / Aufgaben sind im Bereich der Eingliederungshilfe vordergründig die BTHG-konforme Gestaltung des Gesamtplanverfahrens, die Entwicklung eines ICF-basierten Bedarfsermittlungsinstrumentes, die Verhandlung einer Landesrahmenvereinbarung Frühförderung und die Anpassung von Rahmenbedingungen im Bereich der Teilhabe am Arbeitsleben. Aber auch weitere gesetzliche Änderungen neben dem BTHG nehmen bereits jetzt Einfluss, so etwa im Schnittstellenbereich der Eingliederungshilfe zur Pflege.
Mit dem BTHG ist in den nächsten Jahren die Verhandlung eines neuen Landesrahmenvertrages (LRV) notwendig (Reformschritt 2). Dieser soll ab 1. Januar 2020 gelten (Reformschritt 3). D. h. in den Jahren 2018 und 2019 werden die Vertragsparteien diesen neuen LRV verhandeln. Die Vertragspartner sind die Leistungsträger und die Leistungserbringer-Verbände. Mit dem BTHG kommt auch die Neuregelung, dass bei der Beschlussfassung des Landesrahmenvertrages die nach Landesrecht bestimmten Interessensvertretungen von Menschen mit Beeinträchtigungen zu beteiligen sind. Diese Regelung ist grundsätzlich sehr zu unterstützen. In Sachsen-Anhalt wird somit die Beteiligung von Vertreter*innen des Landesbehindertenbeirates in den Verhandlungen erfolgen. Die Vorbereitungen auf diese Verhandlungen und die Verhandlungen selbst werden große Bemühungen der Spitzenverbände der Freien Wohlfahrtspflege erfordern. Die LIGA der Freien Wohlfahrtspflege Sachsen-Anhalt hat dazu entsprechende Strukturen und Arbeitsformate auf den Weg gebracht. Diese haben das Ziel, die Rahmenvertragsverhandlungen 2018/2019 proaktiv vorzubereiten und zu begleiten. Unstrittig ist hier die fachliche Unterstützung durch Praxisvertreter*innen aus den Verbänden sowie die Beteiligung von Expert*innen in eigener Sache (Menschen mit Beeinträchtigungen).
Durch die gemeinsamen Aktivitäten zur Umsetzung des BTHG auf der Ebene der Spitzenverbände werden wir kompetent und praxisorientiert die Neuordnung der Eingliederungshilfe in Sachsen-Anhalt mitgestalten. Die Ergebnisse des Umsetzungsprozesses zum BTHG sind allerdings offen. Gilt es doch Wege zu finden zwischen fachlichen Ansprüchen eines modernen Teilhaberechts und den realistischen Möglichkeiten auf der Basis des bestehenden Systems der Fürsorge.
Ziel ist unumstritten die Verbesserung der Lebenssituation von Menschen mit Beeinträchtigungen sowie ihre gleichberechtigte Teilhabe in unserer Gesellschaft. Daran wird sich die Umsetzung des Bundesteilhabegesetzes in Sachsen-Anhalt messen müssen.
Dieser Text basiert auf einen gleichnamigen Artikel, der in der Ausgabe 2/2017 des Paritätischen Rundbriefes „Blickpunkte“ veröffentlicht wurde (Seite 29).
Ralf Hattermann
Referent Teilhabe für Menschen mit Beeinträchtigungen
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