Hartz IV-Reform – PARITÄTISCHER zeigt Chancen und Schwachstellen auf

18.03.2011

Nach zähem parteipolitischem Ringen hat die Hartz IV- Reform den Bundesrat passiert. Die Reform umfasst das „Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch“ inklusive des sog. „Bildungs- und Teilhabepaketes“ für Kinder und Jugendliche im Hartz IV-Bezug.

Nach zähem parteipolitischem Ringen hat die Hartz IV- Reform den Bundesrat passiert. Die Reform umfasst das „Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch“ inklusive des sog. „Bildungs- und Teilhabepaketes“ für Kinder und Jugendliche im Hartz IV-Bezug.

Der Paritätische hat scharfe Kritik an dem Kompromiss geübt. Es gibt seitens des Verbandes erhebliche Zweifel, dass dieses neue Gesetz verfassungskonform ist. Die jetzt festgelegte Erhöhung der Regelsätze zum 1. Januar 2011 um 5 € auf 364 €  bzw. ab 2012 um weitere 3€ ist wieder nicht bedarfsgerecht.

Das zugrundeliegende Berechnungsverfahren erfüllt nicht die Vorgaben, die das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 9. Februar 2010 für die Ermittlung der Regelbedarfe vorgeschlagen hat:

Das Verfahren sollte transparent, sachgerecht, realitätsgerecht und nachvollziehbar auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnung erfolgen. Demnach ist zu erwarten, dass das Bundesverfassungsgericht das neue Gesetz wiederum ablehnt.    

Der Paritätische Gesamtverband verfolgt weiterhin sein Konzept zur Regelbedarfsbestimmung „Kinder verdienen mehr“ und hat seine Expertise zu einer  eigenen Regelsatzberechnung aktualisiert.

Die zusätzlich vom Bund zur Verfügung gestellten 400 Mio. € für Schulsozialarbeit und Mittagessen in Horten sind grundsätzlich zu begrüßen. Wie diese aber nun zeitnah und praktikabel vor Ort umgesetzt werden, bleibt abzuwarten. Das gilt insbesondere für das notwendige Zusammenspiel der Zuständigen: Bundesagentur für Arbeit, Kommunen, Jobcentern, Jugendamt und Leistungsanbieter z.B. die freien Träger der Jugendhilfe.  

Gleiche Hürden sind für das „Bildungs- und Teilhabepaket“ zu erwarten, welches den kommunalen Trägern weite Spielräume in der Umsetzung eröffnet. So besteht die Möglichkeit, die Aufgaben vom Jobcenter auf die Kommune zurück zu übertragen. Auch muss kein Gutscheinsystem mehr installiert werden, sondern es kann pauschal mit den Leistungserbringern (Jugendverbände, Sportvereine, Musikschulen usw.) abgerechnet werden.

 Das Bildungs- und Teilhabepaket umfasst folgende Leistungen, die im § 28 Abs.2-7 SGB II geregelt sind:

  • Tagesausflüge von Schulen und mehrtätige Klassenfahrten sowie entsprechende Aktivitäten von Kindertagesstätten *
  • Schulbedarfspakete*
  • Aufwendungen für die Schülerbeförderung*
  • Lernförderung
  • Mittagsverpflegung in Schulen/Horten und Kindertagesstätten
  • Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben im Wert von 10€ monatlich

Hinweis: mit * gekennzeichnete Leistungen werden bereits seit längerem finanziert und werden nunmehr in dem Paket zusammengefasst.

Die Unklarheit des Abrechnungsverfahrens birgt die Gefahr, dass sich ein unüberschaubarer „Verwaltungsmoloch“ entwickelt, der u.U. dazu führt, dass die Mittel nicht in ausreichendem Maße in Anspruch genommen werden (können): für die Eltern ist möglicherweise die „Hürde“ zu hoch, einen Antrag für jede einzelne Leistung zu stellen. Sie werden dazu auf jeden Fall Unterstützung benötigen.

Für die Leistungsanbieter der Jugendhilfe bedeuten die unklaren Finanzierungsmodalitäten gleichfalls das Risiko, dass Kosten nicht rechtzeitig erstattet werden. In den Kommunen stehen nun kurzfristig wichtige Entscheidungsprozesse an mit durchaus weitereichenden Folgen für die Kinder und Jugendlichen, aber auch für die Jugendhilfe vor Ort.

Der PARITÄTISCHE wird, trotz sich abzeichnender Umsetzungsprobleme, gemeinsam mit seinen Mitgliedsorganisationen nach regionalen Lösungen suchen und sich den Kommunen und Jobcentern als Ansprechpartner zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes anbieten.   

Für die anstehende Diskussion zur Umsetzung der neuen Regelungen hat der PARITÄTISCHE Gesamtverband umfangreiches aktuelles Material zur Verfügung gestellt:

  • Handreichung „Chancen nutzen“- Hinweise zur Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaketes in Hartz IV. Diese soll vor allem PARITÄTISCHEN Kreisgruppen und den regionalen Mitgliedsorganisationen der Jugendhilfe eine Arbeits- und Argumentationshilfe zur Einmischung in diese wichtige Diskussion sein.
  • Handreichung zu den Auswirkungen der Neuregelungen bei Hartz IV auf die Kommunalfinanzen mit einer Checkliste für die haushaltspolitischen Auseinandersetzungen über die Finanzierungen der neuen Leistungen
  • Aktuelle Einschätzung zur Verfassungsmäßigkeit der Neubemessung der Regelsätze vor dem Hintergrund der Auflage durch das Bundesverfassungsgericht.
  • Aktualisierung der PARITÄTISCHEN Regelsatzberechnung
  • PARITÄTISCHES Konzept „Kinder verdienen mehr“     

Wir hoffen, dass diese Informationen Ihnen bei der Einschätzung der Hartz IV-Reform hilfreich sind und Ihnen Handlungsorientierung bieten.

Für Rückfragen stehen wir gern zur Verfügung. Wir möchten an dieser Stelle darauf aufmerksam machen, dass wir an dieser Stelle keine Einzelfallberatung von Hilfeempfängern durchführen können, sondern verweisen an entsprechende Beratungsstellen oder die Jobcenter.   

Ihre Ansprechpartner zu: 

Grundsatzfragen des SGB II:   

Antje Ludwig

Referentin Vorstand/Geschäftsführung
Telefon: 0391-629350
e-mail: aludwig(at)mdlv.paritaet.org

         
für die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets:

Siegfried Hutsch                                                                   

Grundsatzreferent Kinder- und Jugendhilfe 
Telefon: 0391-6293335    
e-mail: shutsch(at)mdlv.paritaet.org

Antje Ludwig

Landesgeschäftsführerin

Telefon   0391 | 62 93 505
Fax        0391 | 62 93 444
E-Mail     aludwig(at)paritaet-lsa.de