Unklare Finanzierung sozialer Einrichtungen in Sachsen-Anhalt gefährdet deren Weiterbestand

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23.03.2023

Energiekrise, Inflation und fehlende Finanzierungsmodelle riskieren Schließungen von Wohn- und Werkstätten für Menschen mit Beeinträchtigungen.

In Deutschland leben über 7,5 Mio. schwerbehinderte Menschen - fast jeder Zehnte also ist von einer schweren Behinderung betroffen. Menschen mit Beeinträchtigungen werden in diversen Einrichtungen zum Wohnen, Leben und auch zum Arbeiten betreut, gefördert und individuell unterstützt. An über 3.000 Standorten in Deutschland gibt es Beschäftigungsmöglichkeiten wie Werk- und Förderstätten.

Ein Großteil dieser Einrichtungen wird von gemeinnützigen Organisationen betrieben – Organisationen also, die nicht auf Gewinn und Profit orientiert sind, sondern ihre Mittel direkt in die soziale Arbeit einsetzen, um die Bedürfnisse der Menschen und das Gemeinwohl zu fördern. Die Leistungen für diese Einrichtungen werden vom Staat finanziert und von den gemeinnützigen Organisationen für den Staat erbracht, geregelt im Sozialgesetzbuch IX. Seit 2018 ist das Bundesteilhabegesetz die Grundlage dieser sozialen Arbeit.

In jährlichen Verhandlungen mit der Sozialagentur – als ausführende Behörde des Sozialministeriums – werden die Finanzierungspläne zusammen mit der gemeinsamen Kommission aus gemeinnützigen Organisationen diskutiert - meist immer am Ende eines Jahres für das jeweils nächste. In Sachsen-Anhalt gestalten sich die Verhandlungen kompliziert. Die stark gestiegenen Aufwendungen für Energie und Personalkosten haben die Fehlbedarfe der Einrichtungen rasant anwachsen lassen.

Die Prognose der Wirtschaftsinstitute für den Mehrbedarf lag bei über 8,17% und wurde vom Land rechnerisch als nachvollziehbar anerkannt. Dennoch scheint es derzeit nicht möglich, diesen Mehrbedarf in Sachsen-Anhalt aufzubringen. Das letzte Angebot Stand Dezember 2022 lag bei 3,9%. Zu den Gefahren der möglichen Aufrechterhaltung der Qualität der Arbeit gesellen sich bereits existentielle Fragen.

Einen Rettungs-Hilfsfonds wie in den Bereichen Pflege oder bei Krankenhäusern gibt es im Bereich der Eingliederungshilfe (bislang) nicht. Die Träger sozialer Einrichtungen müssen zu jedem einzelnen Leistungsangebot Kostenverhandlungen führen und dazu eine ehrenamtlich besetzte Schiedsstelle anrufen, bei denen in Sachsen-Anhalt aktuell bereits über 700 Verfahren anhängig sind.

In keinem anderen Bundesland eskaliert die Situation Bereich Eingliederungshilfe wie in Sachsen-Anhalt bzw. gibt es derart viele Schiedsstellenverfahren. Nur ein abgeschlossenes Schiedsstellenverfahren eröffnet auch den Weg zu den Gerichten. Der durch das Grundgesetz verankerte Zugang zu den Gerichten wird jedoch aufgrund der aktuellen Situation erheblich eingeschränkt.

Weitere Informationen aus den Medien:

MDR Sachsen-Anhalt-Heute vom 23.03.2023 >>>
MDR EXAKT vom 15.03.2023 >>>

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Deutscher Paritätischer Wohlfahrtsverband
Landesverband Sachsen-Anhalt e.V.
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