Fachforum „KJSG in der Praxis“

Schule Frühkindliche Bildung, Kita und Horte Hilfen zur Erziehung Sozialpolitik

02.08.2022

Wo stehen wir nach einem Jahr Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG)? Am 06.07.2022 ging man in Magdeburg dieser Frage nach.

Im Sommer 2021 ist das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) in Kraft getreten. Mit vielen Erwartungen verbunden ist dadurch ein langjähriger Diskussionsprozess zu Ende gegangen mit dem Ziel, die Rechte von Kindern und Jugendlichen im SGB VIII zu stärken. Doch wo stehen wir nach einem Jahr KJSG? Vor welchen Herausforderungen steht die Praxis vor Ort, und was steht noch für die Zukunft an? Dazu hatte DER PARITÄTISCHE Sachsen-Anhalt Vertreter*innen von freien und öffentlichen Trägern der Kinder- und Jugendhilfe eingeladen.

Zum Fachforum „KJSG in der Praxis. Herausforderungen für öffentliche und freie Träger der Kinder- und Jugendhilfe in Sachsen-Anhalt“ konnte DER PARITÄTISCHE ca. 60 Vertreter*innen von Mitgliedsorganisationen aber auch Jugendämtern aus dem ganzen Bundesland in der Viehbörse in Magdeburg begrüßen. Ziel des Fachforums war eine Bestandsaufnahme der aktuellen Situation, ein Blick in die Zukunft, aber auch die Möglichkeit, in einem informellen Rahmen miteinander offen ins Gespräch zu kommen.

Es war uns dabei eine große Ehre, Prof Dr. Dr. h.c. Reinhard Wiesner als Referenten gewinnen zu können. Der „Vater des SGB VIII“ war entscheidend an der Entwicklung der Gesetzgebung ab den 1990ern beteiligt. Er ist nach wie vor ein intensiver und kritischer Beobachter und Kommentator der Gesetzesentwicklung. Entsprechend reflektierte er in zwei Fachvorträgen zum einen die Herausforderungen für öffentliche und freie Träger, die sich durch das KJSG ergeben. Zum anderen schaute er in die Zukunft, da mit dem KJSG ein Schritt hin zur „großen Lösung“ gegangen werden wird – also die Zusammenführung von Leistungen der Eingliederungshilfe im SGB IX für Kinder und Jugendliche in die Kinder- und Jugendhilfe im SGB VIII.

Zwischen den beiden Betrachtungen wurden Vertreter*innen von freien und öffentlichen Trägern zur Reflektion der aktuellen Situation eingeladen. Mirko Günther, Bereichsleitung für Kinder- und Jugendhilfe beim Paritätische Sozialwerke Sachsen-Anhalt und Antje Springer, Leiterin Jugendamt Saalekreis, reflektierten gemeinsam aus ihrer Sicht, was die Novellierung des SGB VIII durch das KJSG bisher verändert hat, vor welchen Herausforderungen die Träger bisher stehen, und was es braucht, damit die Zusammenarbeit zwischen den Trägern in Zukunft besser gelingen kann.

Es wurde deutlich, dass Kinder- und Jugendhilfe vor allem vor Ort gestaltet wird. Dabei braucht es aber auch klare und verlässliche Rahmensetzung auf Bundes- und Landesebene, einen strukturierten Dialog und Transparenz zwischen allen Beteiligten. Gerade im Hinblick auf die noch zu entwickelnden Parameter hin zu einer inklusiven Kinder- und Jugendhilfe muss schnell deutlich werden, wohin die Reise gehen wird, damit freie Träger zielgruppenspezifische Angebote entwickeln können. Gleichzeitig muss auch kritisch hinterfragt werden, ob die Jugendämter als Leistungsträger für die wachsende Menge an Aufgaben und Verantwortung ausreichend ausgestattet sind.

Deutlich wurde, dass zwar schon ein Jahr seit Einführung des KJSG vergangen ist, die Kinder- und Jugendhilfe aber erst am Anfang steht, die damit einhergehenden Veränderungen umzusetzen. Die Verbesserung der Beteiligung, des Schutzes und der Rechte von Kindern und Jugendlichen durch das SGB VIII sind nicht nur eine stete, sondern insbesondere dynamische Aufgabe. Umso wichtiger ist es, dass sich freie und öffentliche Träger vor Ort auf Augenhöhe und im Vertrauen begegnen. Das Fachforum „KJSG in der Praxis“ hat dafür einen weiteren ersten Grundstein gelegt – aber auch gezeigt, dass der gemeinsame Weg noch lang ist.