Bildungs- und Teilhabepaket kommt bei bedürftigen Kindern kaum an

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12.11.2020

Beim Bildungs- und Teilhabepaket schneidet Sachsen-Anhalt erneut besonders schlecht ab

Magdeburg. Mitgliedsbeiträge für Sportvereine, Zuschüsse für Klassenfahrten oder Kosten für Nachhilfe sollen Kinder und Jugendliche aus einkommensschwachen Familien aus Mitteln des Bildungs- und Teilhabepakets erhalten. Doch tatsächlich kommt die Unterstützung bundesweit nur bei jedem siebten Kind an, in Sachsen-Anhalt sogar nur bei etwa jedem zehnten. Das zeigt die Expertise des Paritätischen Gesamtverbandes, die heute veröffentlicht wurde.

„Das Bildungs- und Teilhabepaket ist gescheitert, daran haben auch die mit dem so genannten Starke-Familien-Gesetz 2019 in Kraft getretenen Reformen nichts geändert“, so Nicole Anger, Referentin für frühkindliche Bildung und Jugendhilfe beim Paritätischen Wohlfahrtsverband Sachsen-Anhalt. „Wir fordern einen Rechtsanspruch auf Angebote der Jugendarbeit im Kinder- und Jugendhilfegesetz und die Einführung einer bedarfsgerechten, einkommensabhängigen Kindergrundsicherung.“

Als Sofortmaßnahme muss die Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepakets in den Kommunen verbessert, vereinheitlicht und vereinfacht werden. Die Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepaket sollten automatisch mitbewilligt werden, wenn Leistungen wie SGB II oder Wohngeld gewährt werden. Dies handhaben bereits einige Regionen in Deutschland so und erreichen damit Teilhabequoten von mehr als 90 Prozent.

Für die Kommunen in Sachsen-Anhalt zeigt die Expertise des Paritätischen: Im Altmarkkreis Salzwedel und im Landkreis Mansfeld-Südharz kommt das Teilhabepaket bei 19 von 20 Kindern nicht an! In Halle wird zumindest jedes sechste Kind erreicht.

Als weitere Problematik wird eingeschätzt, dass aufgrund der Pandemie die Bewilligungsquote gesunken ist. „Das könnte durchaus eine Folge der Corona-Kontaktbeschränkungen sein“, vermutet Nicole Anger. „Denn die Kommunen haben die Sprechstunden der Behörden flächendeckend geschlossen. Ohne persönliche Ansprechperson sind viele Betroffenen aber völlig damit überfordert, Anträge auf Unterstützung zu stellen.“

Die Einrichtungen des Paritätischen Sachsen-Anhalt berichten, dass sie ihre Familien noch stärker als vor der Pandemie bei der Beantragung von Sozialleistungen unterstützen müssen.

Der Paritätische Sachsen-Anhalt appelliert daher an die Landkreise, die Verwaltungen, grundsätzlich eine niedrigschwellige barrierearme Antragsstellung für Bildung- und Teilhabe zu ermöglichen.

„Wenn Leistungen aus dem Bildungs- und Teilhabepakets aufgrund bürokratischer Hürden nicht ausgezahlt werden, verstärkt das die Chancenungleichheit, die in der Corona-Krise noch einmal verstärkt wächst“, so Nicole Anger: „Es betrifft Kinder und Jugendliche, die oft auch beim Homeschooling benachteiligt sind, weil ihnen technische und räumlichen Voraussetzungen fehlen.“

Hinweis: Die Pressemitteilung des Paritätischen Gesamtverbands zur Veröffentlichung der Expertise finden Sie unter www.der-paritaetische.de/presse/. Die Expertise kann hier eingesehen werden: https://www.der-paritaetische.de/publikationen/expertise-empirische-befunde-zum-bildungs-und-teilhabepaket-teilhabequoten-im-fokus-1/

Ansprechpartnerin beim PARITÄTISCHEN Sachsen-Anhalt:

Nicole Anger
Referentin für frühkindliche Bildung und Jugendhilfe
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Tel.: 0391 | 62 93 335
E-Mail: nanger(at)paritaet-lsa.de