Spaltung des Arbeitsmarktes wird durch neues Bundesgesetz weiter verstärkt - Eingliederungschancen nicht wirklich verbessert

13.02.2012

Das am 25. November 2011 verabschiedete Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt (Instrumentenreform) wird aus Sicht des PARITÄTISCHEM seinem Namen nicht gerecht.

Das am 25. November 2011 verabschiedete Gesetz zur Verbesserung der Eingliederungschancen am Arbeitsmarkt (Instrumentenreform) wird aus Sicht des PARITÄTISCHEM seinem Namen nicht gerecht.  

Langfristig erwartet der Verband, dass sich die Bedingungen zur Förderung und Teilhabe von langzeitarbeitslosen Menschen am Arbeitsmarkt weiter verschlechtern.

Bereits im Jahr 2011 wurden drastische Kürzungen im Bereich der aktiven Arbeitsmarktpolitik vorgenommen: die Ausgaben für Eingliederungsleistungen sanken um ein Viertel, die Zahl öffentlich geförderter Beschäftigungsverhältnisse sank innerhalb eines Jahres um 37%. Begründet wurden diese Maßnahmen seitens des Bundes mit dem deutlichen Rückgang der Arbeitslosenzahlen. Doch dieses Bild trügt: zwar hat sich die Zahl der Arbeitslosengeld I- Empfänger deutlich verringert, jedoch gibt es bei der Zahl der Landzeitarbeitslosen keine wirkliche Verbesserung. Über 400.000 Arbeitslose sind seit 2005 ununterbrochen arbeitslos gemeldet, 800.000 Menschen sind länger als 2 Jahre ohne Beschäftigung. Der PARITÄTISCHE fordert weiterhin einen öffentlich geförderten Beschäftigungssektor, der diesen Menschen längerfristige Eingliederungschancen und Teilhabe ermöglicht.

Mit seiner Kampagne „Arbeitsmarktpolitik für alle“, an der sich bundesweit eine Vielzahl von Fachleuten der Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik aus Verbänden, Gewerkschaften, Hochschulen- aber auch Politiker- beteiligt haben, wurde die Öffentlichkeit auf diese Fehlentwicklung aufmerksam gemacht. Darin wurden unter anderem gefordert, die Einsparungen zurückzunehmen und mehr sinnvolle Beschäftigungsangebote für schwer vermittelbare Langzeitarbeitslose zu schaffen. Gleichzeitig wurde auf eine seit Jahren notwendige rechtliche und finanzielle Absicherung von Beschäftigungsunternehmen  hingewiesen. Sie sind notwendige Akteure im Wirtschafts-und Sozialsystem, die einen gesicherten Status z.B. analog der Integrationsfirmen nach SGB IX dringend brauchen.  

Die Kürzungen der Eingliederungsleistungen hat bereits jetzt dazu geführt, dass Beschäftigungsunternehmen im Jahr 2011 ein Fünftel ihrer Stellen abbauen mussten- dieser Trend wird sich mit dem neuen Gesetz weiter verstärken.

Der PARITÄTISCHE hat das Anliegen des Gesetzes, eine Reduzierung und Neuordnung der Instrumente, grundsätzlich begrüßt. Die detaillierten Neuregelungen haben jedoch eine Vielzahl negativer Effekte und verbessern die Eingliederungschancen für die Betroffenen nicht.

Bewährte Instrumente wie die Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante und der Beschäftigungszuschuss werden gestrichen bzw. zusammengeführt. Das neue Instrument „§ 16e SGB II Förderung von Arbeitsverhältnissen“ ist zeitlich beschränkt und in einem Budget der Jobcenter begrenzt. Dieses deckt die tatsächlichen Bedarfe nicht annähernd. 

Bei den Arbeitsgelegenheiten in der Mehraufwandsvariante (§16d SGB II) bzw. Zusatzjobs werden die förderfähigen Maßnahmekosten auf die Sach-und Personalkosten begrenzt. Es ist zu erwarten, dass unter diesen Bedingungen die Zusatzjobs weiter deutlich rückläufig sein werden. Maßnahmeinhalte wie Profiling, Stabilisierung, Bewerbungstraining und Qualifizierung sollen zukünftig mit den „Maßnahmen zur Aktivierung und beruflichen Eingliederung- §45 SGB III“ gefördert werden.  Im Rahmen dieses Instrumentes wird ein „Aktivierungs- und Vermittlungsgutschein“ eingeführt, der zur Teilnahme an der zugelassenen Maßnahme berechtigt.

Für Langzeitarbeitslose mit komplexen Problemlagen wie Suchtproblematik, gesundheitliche Einschränkungen und geringer Qualifikation wird die Förderung nicht angepasst. Sozialpädagogische Begleitung im Sinne einer weitergehenden individuellen Förderung wird nicht mehr finanziert.  Unter diesen erschwerten Bedingungen stehen zahlreiche Beschäftigungsunternehmen vor dem Aus.

Eine Besonderheit im neuen Gesetz sind die Regelungen zur Zulassung von Trägern und Maßnahmen. Es wurde ein neues Kapitel im SGB IIl eingeführt, welches das Verfahren zur Akkreditierung von fachkundigen Stellen und zur Zulassung von Trägern der Arbeitsmarkt-förderung regelt – das sog. AZAV.  Die Regelungen verfolgen das Ziel, die Qualität arbeitsmarktlicher Dienstleistungen und damit die Leistungsfähigkeit und Effizienz des Fördersystems nachhaltig zu verbessern. Für die Trägerzulassung müssen u.a. die Leistungsfähigkeit, Zuverlässigkeit, personelle und fachliche Eignung sowie Qualitätssicherungssysteme und angemessene Vertragsbedingungen mit den Teilnehmenden nachgewiesen werden.

Ab dem 1. Januar 2013 bedürfen alle Träger eine Zulassung, die Maßnahmen im Rechtskreis SGB II und III anbieten (außer Arbeitsgelegenheiten MAE).

Bereits ab 1. April 2012 müssen alle Träger, die sog. „Gutschein- Maßnahmen“ anbieten, eine Zulassung vorweisen. Darunter fallen neben der Förderung der beruflichen Weiterbildung (FbW) auch Aktivierungs- und Vermittlungsmaßnahmen. Geprüft wird die Zweckmäßigkeit, angemessene Teilnahmebedingungen sowie Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der Maßnahmen.

Der PARITÄTISCHE hat eine umfangreiche Stellungnahme zum Entwurf der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung verfasst. Als besonderen Service bietet der Gesamtverband in Kooperation mit der PQ GmbH- Paritätische Gesellschaft für Qualität und Management Information, Beratung und Schulungen an, um Träger auf das Zulassungsverfahren vorzubereiten. Dazu wurde ein besonderes Lehrgangskonzept für Träger von Arbeitsmarktmaßnahmen entwickelt. Nähere Informationen finden Sie unter www.pq-sys.de    

Ansprechpartnerin:

Antje Ludwig

Referentin Vorstand/Geschäftsführung und Arbeitsmarktpolitik 
Tel.: 0391- 62 93 505
e-mail: aludwig(at)paritaet-lsa.de   

Antje Ludwig

Landesgeschäftsführerin

Telefon   0391 | 62 93 505
Fax        0391 | 62 93 444
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