Gute-Kita-Gesetz: Defensiv angesetzte Qualitätsoffensive des Bundes

Frühkindliche Bildung, Kita und Horte

10.07.2018

Der vom Bund vorgelegte Referentenentwurf für das Qualitätsentwicklungsgesetz für Kindertageseinrichtungen (Gute-Kita-Gesetz) greift viel zu kurz. Eine kontinuierliche und nachhaltige Verbesserung der Qualität in Kindertageseinrichtungen ist mit dem Gesetz nicht erkennbar.

Der Bund hat richtigerweise erkannt, dass die Länder auf seine Unterstützung angewiesen sind, wenn die Qualität in Kita vorangebracht werden soll. Daher hat das Bundesfamilienministerium gemeinsam mit den Landesministerien bereits in 2014 einen Qualitätsprozess einberufen, in welchem sie gemeinsam Qualitätsziele für die frühkindliche Bildung entwickelten. Dabei geht es zum einen um die Stärkung der frühkindlichen Bildung, um deren positive Auswirkung auf die Entwicklung von Kindern und um die Vereinbarkeit von Familie und Beruf von Eltern. Es geht dabei zum anderen aber auch darum, in den Ländern gleichwertige Lebensbedingungen für das Aufwachsen zu schaffen. Dies soll nun mit dem Gute-Kita-Gesetz gelingen?

Das geplante Gute-Kita-Gesetz will die Qualität der frühen Bildung, Erziehung und Betreuung weiterentwickeln und strebt bundesweit gleichwertige qualitative Standards an. Dazu sollen ab 2019 Maßnahmen gefördert werden, die etwa einen guten Fachkraft-Kind-Schüssel in Kitas sicherstellen, die räumliche Gestaltung von Kitas verbessern, Ausbildung unterstützen, inklusive Pädagogik verankern oder Kinder mit Fluchthintergrund integrieren. Der Bund beabsichtigt mit dem Gute-Kita-Gesetz in 2019 fast eine halbe Milliarde Euro an die Länder zu geben, in 2020 dann knapp eine Milliarde und 2021/2022 rund zwei Milliarden jeweils. In Sachsen-Anhalt ankommen werden davon in 2019: 13,1 Mio. Euro, 2020: 26,7 Mio. Euro und 2021/2022: jeweils 53,8 Mio. Euro. Das wird nicht ausreichen, um die Bedarfe der Qualitätsverbesserung dauerhaft und angemessen zu decken. Denn schon jetzt zeichnet sich ab, dass die finanzielle Beteiligung des Bundes laut Gesetzesentwurf nach 2022 enden wird.

Eingeschränkt werden diese Qualitätsverbesserungen durch den Bund insofern, dass aus einem „Instrumentenkasten“ von neun Qualitätskriterien drei vorrangig anzuwenden sind. Dazu zählt u.a. die Reduktion bzw. Abschaffung von Elternbeiträgen. Ob sich aber über eine beitragsfreie Kita die Qualität selbiger verbessern wird, bleibt fraglich. Sachsen-Anhalt hat aktuell andere Erwartungen an eine bundesweite Qualitätsoffensive für Kita. Bei einer Qualitätsoffensive in Kindertageseinrichtungen steht für uns als Paritätischer das Kind im Vordergrund. Denn Investitionen in frühkindliche Bildung haben zahlreiche, in Studien belegte, positive Effekte, nicht nur für die persönliche Entwicklung der Kinder.

In Sachsen-Anhalt könnten die Bundesmittel daher dafür eingesetzt werden, um den Personalschlüssel, der bundesweit einer der schlechtesten ist, zu verbessern. Auch könne man mit dem Geld wieder mittelbare pädagogische Zeiten einführen, die Erzieher*innen zur Verfügung stünden, um u.a. Vor- und Nachbereitungen zu tätigen, Projekte und Bildungsangebote zu planen und zu reflektieren, Elterngespräche zu führen, an Fortbildungen teilzunehmen und Teamsitzungen durchzuführen. Alles Tätigkeiten die zurzeit nur zu Lasten der Kinderbetreuung und zu Lasten der anderen Kolleg*innen durchführbar sind. Denkbar wäre auch die kostenfreie gesunde Verpflegung für alle Kinder in den Kindertageseinrichtungen finanziert durch die Bundesmittel. Allerdings will man die Qualität in Kitas deutlich nachhaltig verbessern, dann muss man zuerst bei der Fachkräftgewinnung ansetzen. Schon heute zeichnet sich ein hoher Mangel an qualifizierten Erzieher*innen ab, der sich in den kommenden Jahren weiter zuspitzen wird. Daher plädieren wir ausdrücklich dafür, in Sachsen-Anhalt ein Handlungskonzept zur Fachkräftegewinnung und -qualifizierung mit dem Bund zu vereinbaren. Insbesondere die Ausbildung im Quereinstieg kann hier als eine besondere Chance gesehen werden und gleichzeitig wird ermöglicht, dass über die Bundesmittel auch Praxisanleitungen in den Einrichtungen ermöglicht werden. Die über vier Jahre zur Verfügung stehenden Mittel des Bundes würden einen entsprechenden Beitrag gegen den Fachkräfteverlust in den Einrichtungen leisten und nachhaltig durch die zusätzlich qualifizierten Erzieher*innen auch wirklich die Qualität verbessern.