„Schulverweigerer gehören nicht in den Jugendarrest“ PARITÄTISCHER fordert Streichung der Ordnungswidrigkeiten im Schulgesetz Sachsen- Anhalt

Hilfen zur Erziehung

22.09.2012

Mit Einführung des § 81 Abs. 1 Ziffer 1 im Schulgesetz Sachsen-Anhalt können junge Menschen, die nicht die Schule besuchen, mit Ordnungswidrigkeiten belegt werden, die bis zum Jugendarrest reichen. Dass diese Möglichkeit zunehmend Praxis geworden ist, hat man bei der Einführung nicht erwartet.

Mit Einführung des § 81 Abs. 1 Ziffer 1 im Schulgesetz Sachsen-Anhalt können junge Menschen, die nicht die Schule besuchen, mit Ordnungswidrigkeiten belegt werden, die bis zum Jugendarrest reichen. Dass diese Möglichkeit zunehmend Praxis geworden ist, hat man bei der Einführung nicht erwartet. In den vergangenen Jahren ist die Zahl der Arrestanten enorm gestiegen. Allein im Schuljahr 2010 mussten 228 junge Menschen einen Arrest von bis zu vier Wochen verbüßen. Dies entspricht einem Drittel aller Arrestanten. „Es ist ausgesprochen widersprüchlich, wenn junge Menschen, die nicht zur Schule gehen und Probleme haben, dafür eingesperrt werden“, sagt Siegfried Hutsch, Referent für Jugendhilfe beim PARITÄTISCHEN. Insgesamt ist der Jugendarrest in seiner Wirkung sehr umstritten, sowohl bei Kriminologen als auch in der Jugendhilfe insgesamt. „Erschreckend ist aber“ so Hutsch weiter, „dass Schulverweigerer den Arrest antreten müssen und mit denjenigen auf eine Stufe gestellt werden, die eine Straftat verbüßt haben. Das sind Formen der Kriminalisierung, die strikt abzulehnen sind.“

Der PARITÄTISCHE Sachsen-Anhalt sieht in der bestehenden Praxis eine Überforderung der Justiz und des Schul- und Bildungswesens. „Es wird zunehmend deutlich, dass langfristige Lösungen erforderlich sind, damit die bestehenden Mißstände bei den Wurzeln angepackt werden“, fordert der Referent. Allein die soziodemografischen Befunde, wie 20% Kinder- und Familienarmut, hohe Schulabbrecherquoten von 11% usw., zeigen, dass soziale Probleme in diesem Land bestehen, die sich nicht durch „Wegsperren“ lösen lassen. Interdisziplinäre Formen der Zusammenarbeit verschiedener Ressorts, wie sie in der Schulsozialarbeit, den ambulanten Hilfen bestehen, alternative Beschulungsformen, Produktionsschulen und produktives Lernen, müssen konsequenter ihre Anwendung finden als bisher. In der Kinder- und Jugendhilfe bestehen weitaus bessere Möglichkeiten, mit den jungen Menschen, der Schule und den Familien zusammenzuarbeiten. Umso mehr ist der Entschluss der Justizministerin zu begrüßen, eine übergreifende Zusammenarbeit zwischen den Ressorts Bildung, Jugendhilfe und Justiz zu forcieren, damit Schulverweigerer nicht im Jugendarrest landen.

Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:

Siegfried Hutsch

Referat Frühkindliche Bildung, Jugendhilfe, Bundeskoordinator Jugendsozialarbeit

Tel. 0391/ 6293 335
Fax: 0391/ 6293 433
E-Mail: shutsch(at)paritaet-lsa.de

Martin Hoffmann

Referent Frühkindliche Bildung und Jugendhilfe

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E-Mail    mhoffmann(at)paritaet-lsa.de